LOHNE (CSW). Gestiegene Fallzahlen, gleichbleibende Problematiken der Ratsuchenden, geschlossene Communitys, mangelhafte Integration: Auch im zweiten Jahr der Beratungsstelle für Arbeitsmigranten im Oldenburger Münsterland in Trägerschaft des Caritas-Sozialwerks St. Elisabeth (CSW) zeigen sich Befundlagen, die die Notwendigkeit und Wirksamkeit dieses besonderen Angebotes verdeutlichen. Das geht aus dem Jahresbericht 2019 hervor, den der CSW-Vorstandsvorsitzende Heribert Mählmann zusammen mit dem Beratungsteam - Josef Kleier und Belal Elsayed für den Landkreis Vechta sowie Marcella Bohlke und Maresa Wolbers für den Landkreis Cloppenburg - Ende April 2020 veröffentlicht hat.
Die Beratungsteams in Cloppenburg und Vechta informieren seit Februar 2018 Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten im Oldenburger Münsterland in schwierigen Beschäftigungs- und Wohnverhältnissen über das geltende Arbeitsrecht sowie das Wirtschafts- und Sozialsystem in der Region. Das Angebot ist niedrigschwellig, kostenfrei und oftmals mit muttersprachlicher Unterstützung. Kostenträger sind die Landkreise Cloppenburg und Vechta sowie das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta. Das Projekt ist auf drei Jahre befristet.
„Wir können einerseits mit einem guten Gefühl auf unsere Arbeit blicken, haben wir doch wirksame Hilfen für die vielschichtigen Nöte der Ratsuchenden geleistet. Anderseits belegen unsere Fallzahlen, dass der Bedarf nach dieser Art der Beratung - weiterhin und stetig neu - schlichtweg da ist", sagt Heribert Mählmann.
So verzeichnet das Beraterteam in 2019 276 Beratungsfälle (2018 – 140). Pro Fall ist eine Vielzahl von Beratungsgesprächen erforderlich. Ein Großteil der Ratsuchenden (126) stammt aus Rumänien, gefolgt von 48 Menschen aus Syrien, 28 aus Bulgarien, 13 aus dem Irak, elf aus Afghanistan, zehn aus Polen und 40 aus sonstigen Staaten. Die meisten von ihnen sind an Schlachthöfen (97) angestellt. In der Reinigungs-Branche arbeiten 43 Menschen, andere im Baugewerbe (9), als Saisonkräfte oder in der Landwirtschaft waren 30 Personen beschäftigt, sowie in der Logistikbranche (6), in der Gastronomie (5) oder in sonstigen Branchen (73).
Es gestalte sich schwierig, in die oftmals geschlossenen Communitys der Werksvertragsarbeiterinnen und -arbeiter vorzudringen, berichtet das CSW-Team. Deshalb sei es wichtig, so der Tenor der Berater, sich auch mit den anderen Beratungsstellen in der Region zu vernetzen. In seiner Arbeit nimmt das Team Kontakt zu kommunalen, caritativen und kirchlichen Institutionen auf. So könne man voneinander lernen und miteinander neue Wege beschreiten, um Arbeitsmigrantinnen und -migranten noch besser zu erreichen. Das Team Landkreis Vechta besteht aus dem Juristen Josef Kleier und Belal Elsayed, der im Jahresbericht insbesondere auf die Problematik der Sprachbarrieren eingeht. Marcella Bohlke und Maresa
Wolbers für den Landkreis Cloppenburg berichten von dort unter anderem von den Herausforderungen in der Wohnungssituation vieler Ratsuchender.
Die Arbeit der Beratungsstelle fand auch in 2019 erneut politische Beachtung. Im Juli 2019 verschaffte sich die Bundestagsabgeordnete für das Oldenburger Münsterland und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Deutschland, Silvia Breher, bei einem Besuch in Lohne einen Überblick über die erfolgreich geleistete Arbeit. So hielt sie beim Ortstermin fest, es sei eine wichtige Arbeit für die Region Oldenburger Münsterland und ein Impuls für ihre Gespräche in Berlin.
Offen bleibt, ob die Arbeit der Beratungsstelle auch über das bislang noch befristete Mandat bis zum 1. Februar 2021 hinaus verlängert wird. Unter anderem hierzu äußern sich die Kostenträger in einem ausführlichen Interview. „Es ist einiges in Bewegung gekommen. Inwieweit dazu auch über den 1. Februar 2021 hinaus die Arbeit der Beratungsstelle nötig sein wird, muss unter den drei beteiligten Trägern abgestimmt und dann politisch entschieden werden. Insofern werden wir uns in der zweiten Jahreshälfte dieses Jahres mit der Evaluation der Beratungsarbeit befassen und die Ergebnisse anschließend in die politische Beratung geben", kündigt Johann Wimberg, Landrat des Landkreises Cloppenburg an.
Heribert Mählmann fordert indes ein noch stärkeres, gemeinsames Handeln aller Akteure in der Region: „Wir brauchen eine entsprechende Haltung. Diese Haltung ist notwendig, um nachhaltig zu einem Umdenken zu kommen. Was wäre das für ein starkes Signal, wenn sich hinter dem Konzept unserer Beratungsstelle nicht nur die Kostenträger versammelten, sondern auch die Unternehmen, die immer wieder im öffentlichen Fokus stehen?" Die Beratungsstelle des Caritas-Sozialwerkes wolle hier auch weiterhin als Impulsgeber mit konkreten Ideen dienen. Beispielhaft kann sich Jurist Josef Kleier vorstellen, dass die Auftrag gebenden Firmen die Werkvertrags- bzw. Zeitarbeitsfirmen stärker vertraglich verpflichten und kontrollieren, geltendes Recht z.B. bei den Arbeitszeiten, der Lohnfortzahlung oder bei den Urlaubsansprüchen einzuhalten.
Neben den Berichten aus den Landkreisen finden sich in der Publikation auch konkrete Beratungsfälle. Einen Gastbeitrag liefert Dr. Georg Robka, Erster Beigeordneter der Stadt Rheda-Wiedenbrück (Fachbereichsleiter Soziales, Ordnung, Bildung). Er berichtet aus der Arbeit zum Thema Arbeitsmigration in seiner Stadt.
Weitere Informationen unter:
www.caritas-sozialwerk.de/hilfe-und-beratung/beratungsstelle-fuer-werkarbeiter
Den Jahresbericht in gedruckter Version erhalten Sie auf Anfrage beim CSW.
Kontakt:
werkvertragsarbeit@caritas-sozialwerk.de
Beratungsstelle Cloppenburg
Eschstraße 8, 49661 Cloppenburg
Marcella Bohlke und Maresa Wolbers (0 44 71) 70 45 - 36 oder - 35
Beratungsstelle Lohne
Von-Stauffenberg