Viele Familien haben den Lockdown mit großem Engagement und hohem Kraftaufwand gemeistert. Ho-me-Office, Kinderbetreuung und Home-Schooling gleichzeitig zu schultern, war und ist eine große Herausforderung - auch für Familien, die keine existenziellen Sorgen haben. In bereits belasteten Familien wuchsen jedoch auch die Ängste und Aggressionen mit zunehmender Dauer des Lockdowns. Das sind wesentliche Erkenntnisse der Erziehungsberatungsstelle des Caritas-Sozialwerkes (CSW) St. Elisabeth in Lohne aus den vergangenen Monaten.
Christine Themann, Silvia Breher, Heribert Mählmann
J. Augustin
Hierüber informierte sich am Freitag, 05. Juni 2020 im Rahmen eines Besuches bei der Beratungsstelle in Vechta die Bundestagsabgeordnete des Oldenburger Münsterlandes, Silvia Breher. Positiv betrachtet, habe es gab kaum noch "Termine" gegeben, dafür aber wieder mehr gemein-same Paar- und Familienzeit, schilderte Christine Themann, Leiterin der Erziehungsberatung. Und so sei wieder mehr Nähe entstanden. Bei ADS/ADHS-Kindern habe die Entschleunigung im Alltag der Familien zur Verbesserung der Symptomatik beigetragen. Viele Eltern, Kinder und Jugendliche hätten sich Gedanken gemacht, was ihnen wirklich wichtig ist.
Da viele haltgebende und entlastende Strukturen in dieser Zeit jedoch nicht aufrechterhalten werden konnten, habe die ungewohnte "Enge" in diesen Familien zu starker Überforderung geführt, so Themann. Belastungen sind hier beispielsweise schwere organische Erkrankungen, Suchterkrankungen und psychische Probleme, Eltern in Trennungssituationen, finanzielle und/oder existentielle Sorgen.
Vor allem Jugendliche und Kinder hätten ihre sozialen Kontakte und die so genannten "Peer-gruppen" vermisst und erfahren, dass der Kontakt über die sozialen Medien eine Begegnung im "wirklichen" Leben nicht ersetzen kann. Die Schulen berichteten nach den ersten Lockerungen und dem vorsichtigen Unterrichtsbeginn von Kindern und Jugendlichen, die "verloren" gegangen seien und mit denen es in der langen Zeit des Lockdowns keinen Kontakt gegeben habe.
"Bei uns fanden die Beratungen weiterhin statt, wenn auch in der Regel telefonisch oder online und nur in Ausnahmen "face-to-face". Wir alle haben neu gelernt zu telefonieren - und es funktionierte auch mit Kindern und Jugendlichen", sagt Christine Themann.
Aktuell berät die Erziehungsberatungsstelle wieder in den eigenen Räumen in Vechta und "face-to-face". Die Hygieneregelungen werden den Klienten vor den Beratungen schriftlich mitgeteilt. Das Infektionsschutzgesetz findet auch hier Anwendung. Persönliche Kontaktdaten müssen bei Bedarf an das Gesundheitsamt herausgegeben werden.
Fallbeispiele:
Die Eltern der Familie X. sind getrennt, sie haben zwei Kinder im Grundschulalter. Die Kommunikation ist sehr schwierig. Beide Eltern arbeiten trotz des Lockdowns weiter. Wie kann Kinderbetreuung / Homeschooling sichergestellt werden? Kann überhaupt ein Umgang mit dem anderen Elternteil bei hochstrittigen Paaren stattfinden?
Die Mutter der Familie Y. leidet an Depressionen. Die schweren Gedanken, Sorgen und Nöte im Zuge der Pandemie verschlimmern den Gesundheitszustand. Der Vater arbeitet im systemrelevanten Bereich, er ist sehr beschäftigt. Der Sohn ist 10, die Tochter ist 13 Jahre alt. Sie versuchen den Haushalt, die Schule, den Einkauf usw. zu managen. Die Kinder haben viel Streit, sind überfordert und voller Sorge.
Der Jugendliche Z. gerät immer wieder in Streit mit seinen Eltern. So wie sie will er auf keinen Fall werden. Seine Ideen von seiner Zukunft sind für sie nur "Spinnereien". Sie gehen sich alle meistens aus dem Weg. Seine Freunde kann er nicht treffen und seine Freundin hat "Schluss gemacht". Z. hat immer schon gern am PC gespielt, jetzt hat er aber mehrere 100 € "verzockt".
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